Ruf nach Differenzierung und Ausweitung der Förderhöchstgrenzen
Essen. Derzeit braucht man sehr viel Geduld, wenn es um Aussicht auf das
Wiederhochfahren der Kulturbetriebe geht. Die aktuellen Beschlüsse zeigen, dass
Theater einmal mehr hinten anstehen müssen, wenn es um Lockdown Lockerungen geht.
„Selbst der optimistische wie hoffnungsvolle Blick auf die zweite Jahreshälfte inklusive Weihnachtsgeschäft macht die herben Verluste der vergangenen Monate nicht wett“ beklagt Essens GOP Varieté-Theater Direktorin Nadine Stöckmann „Die bisherige staatliche Unterstützung reicht nicht, um die Einbrüche aufzufangen. Von den angekündigten Novemberhilfen sei für alle sieben GOP Theater nur ein Bruchteil von dem eingegangen, was benötigt wird. Wir brauchen dringend Perspektiven!“
Die GOP Entertainment Group mit ihren Theaterspielorten in Essen, Hannover,
Bad Oeynhausen, Münster, München, Bremen und Bonn war vor Beginn der
Corona-Pandemie ein kerngesundes Unternehmen. Ein Unternehmen der
Kulturbranche, das bisher keine Subventionen erhielt und in den letzten 20 Jahren
stets positive Ergebnisse erzielte. Jährlich wurden Steuern in sechs- und
siebenstelligen Beträgen abgeführt. Ca. 1.000 MitarbeiterInnen beschäftigte die
Unternehmensgruppe Ende 2019 und erwirtschaftete einen jährlichen
Gruppenumsatz von ca. 47 Mio. Euro. Das Wachstum wurde stets aus
Eigenmitteln erzielt. Bankdarlehen bestanden nicht. „Wir waren stolz, als
Unternehmen der Kulturbranche keine Subventionen zu erhalten“, sagt Olaf
Stegmann, Geschäftsführer der GOP Entertainment Group.
Ende Januar, knapp ein Jahr nach dem Beginn der Pandemie, habe sich die Situation
geändert. Der Gesamtjahresumsatz in diesem Zeitraum sei im Vorjahresvergleich
um knapp 90 Prozent von 47 Millionen Euro auf etwa fünf Millionen Euro
eingebrochen. Nur für einen Zeitraum von drei Monaten im Sommer durften die
Theater mit staatlicher Erlaubnis geöffnet werden, allerdings auch nur mit 60 bis
70 Prozent der normalen Platzkapazität.
Diese Monate müssten saisonbedingt auch in normalen Zeiten durch das starke
Wintergeschäft quersubventioniert werden. „Die Mitarbeiter sind seitdem zwar in
Kurzarbeit gegangen“, so Stöckmann, aber „laufende Kosten wie etwa Pacht für
Spiel- und Verkaufsstätten, Versicherungen und weitere Kosten blieben bestehen.“
Deshalb fordert Geschäftsführer Olaf Stegmann, dass auch größere Gastronomieund private Kulturunternehmen wie die GOP Entertainment Group entsprechend
der Verluste entschädigt werden. Dies müsse sich am erlittenen Schaden des
Unternehmens bemessen und nicht an starren Obergrenzen eines EUBeihilferechts.
„Es kann nicht sein, dass hier der Besitzer eines Restaurants mit einer
Unternehmensgruppe mit 1.000 Mitarbeitern gleichgesetzt wird“ erläutert
Direktorin Stöckmann die Forderung der Geschäftsführung. Diese verlangt
außerdem, dass eine weitreichende Ausweitung der Förderhöchstgrenzen nach
EU-Beihilferecht erfolgen muss, da auch viele kleinere Unternehmen aufgrund der
Dauer der Schließungen an die Förderhöchstgrenzen stoßen.
„Auch nicht vergessen werden darf, dass die Betriebe von staatlicher Seite
grundlos geschlossen wurden und mittlerweile seit einem Jahr von der Substanz
leben müssen. Ohne eigenes Verschulden erbringen diese Unternehmen ein
Sonderopfer für die Allgemeinheit seit fast 12 Monaten!“ so Stegmann.
Daher müssen diese Unternehmen auch entsprechend entschädigt werden.
Weitere Kritikpunkte der GOP Entertainment Group an den bisherigen
Förderungen sind, dass saisonale Besonderheiten nicht berücksichtigt wurden.
Dazu zählt auch, dass man seitens der Politik und Behörden bei der
Wiederöffnung branchenrelevante Zeitschienen berücksichtigen muss. „Die GOP
Varieté-Theater benötigen einen Vorlauf von ca. 4-6 Wochen um u.a. Karten für
die Vorstellungen zu verkaufen“ erklärt die GOP-Direktorin „Dies ist sicher für
die Behörden nicht einfach, aber das ist die gesamte Situation für die betroffenen
Unternehmen auch nicht. Denn bis unser Showbetrieb wieder richtig anspringt,
könnte noch eine Weile vergehen. Die Leute sind aufgrund der politischen
Entschlüsse total verunsichert.“
Für einen etwaigen Neustart sind alle sieben Varieté-Theater – wie bereits nach
dem ersten Lockdown – gut gerüstet. Durch ein umfangreiches Sicherheits- u.
Hygienekonzept in Verbindung mit an allen Standorten bestehenden
Lüftungsanlagen, die eine Frischluftzufuhr und Luftwechsel von mehr als 300% der
behördlich Vorgaben erfüllen, ist für Gäste ein sicherer Aufenthalt gewährleistet.
„Wünschenswert ist“, schließt Stöckmann „dass die zuständigen Verordnungen
und Behörden nach nun über einjähriger Zeit der Pandemie differenziert vorgehen
und nicht Branchen über einen Kamm scheren.
Das sollte man als Betrieb verlangen dürfen, wenn einem das Grundrecht auf freie Berufswahl bzw. dessen Ausübung nun seit fast einem Jahr verwehrt wird!“